§ 249 Abs. 1 HGB geht u.a. davon aus, dass für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden sind. Nach dem Maßgeblichkeitsgrundsatz müssen diese Rückstellungen – wie im Einzelnen noch auszuführen sein wird – unter gewissen Voraussetzungen auch in der Steuerbilanz gebildet werden. Neben den in der Vorschrift ausdrücklich weiter aufgeführten Rückstellungen, dürfen für andere Zwecke keine Rückstellungen gebildet werden. Soweit es nun übersehen werden kann, sind zum Problem für ungewisse Verbindlichkeiten derzeit zwei Revisionen beim BFH anhängig, die allerdings Rückstellungen für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen betreffen. So hat einmal das FG Düsseldorf entschieden, dass für Verfüllungs- und Rekultivierungsaufwendungen im Zusammenhang mit einer zukünftigen Stilllegung von unterirdischen Erdgasspeichern Rückstellungen zu bilden sind.
Dann hat das Thüriger FG entschieden, dass die Bildung einer Rückstelllung zur Aufbereitung von Bauschutt und ähnlichen Abfällen bei einem Recycling-Unternehmen im Einzelfall zulässig sein kann. Der gesetzlich für die Abfallbeseitigung gezogene Ordnungsrahmen iVm. Dokumentations- und Berichtspflichten und einer engmaschigen behördlichen Kontrolle der Anlagen könne die Pflicht zur Aufbereitung des Mülls derart verdichten, dass eine Rückstellung in Betracht kommen würde. Was die Rechtsprechung des BFH zu den Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten betrifft, so ist in letzter Zeit im steuerlichen Schrifttum das Urteil vom 27.6.2001 sehr positiv aufgenommen worden, was in der Überschrift „Recht so: Der I. BFH-Senat schafft Ordnung im ungewissen Rückstellungs-Terrain für öffentlichrechtliche Anpassungsverpflichtungen“ zum Ausdruck kommt. In dem entschiedenen Fall – es handelte sich um eine Spänetrocknungsanlage, die umzurüsten war – hatte sich der BFH auf den Standpunkt gestellt, dass eine am Bilanzstichtag rechtlich entstandene Verbindlichkeit unabhängig vom Zeitpunkt ihrer wirtschaftlichen Verursachung zu passivieren ist. Er hatte auch die Meinung vertreten, dass es keinen Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung geben würde, der gebiete, Aufwand in das Jahr zu verlagern, in welchem die Erträge erzielt werden, aus denen die Aufwendungen gedeckt werden sollen. Die Verwaltung ist dieser Entscheidung allerdings mit einem Nichtanwendungserlass entgegengetreten, weil dies der bislang von Rechtsprechung und Finanzverwaltung (R 31c Abs. 2 und 4 EStR 2001) vertretenen Auffassung widersprechen würde, wonach Rückstellungen erst gebildet werden dürften, wenn sie rechtlich entstanden und wirtschaftlich verursacht seien.
In neuerer Zeit hat dann der IV. Senat des BFH zur Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten Stellung genommen. Danach ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH das Bestehen einer dem Betrag nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit der Entstehung einer Verbindlichkeit dem Grunde nach – deren Höhe zudem ungewiss sein kann – und ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag maßgebend. Zudem sei es erforderlich, dass der Schuldner ernsthaft mit der Inanspruchnahme rechnen müsse. Ob sich in der jüngeren Zeit eine ständige Rechtsprechung herausgebildet hat das soll hier nicht untersucht werden. Aber auch keine Antwort auf die Frage gefunden werden, ob bei den Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten der Beginn einer Kehrtwende in der Rechtsprechung stattgefunden hat. Zweck dieses Beitrags wird vielmehr sein, dem Praktiker die Voraussetzungen aufzuzeigen, die insgesamt vorliegen müssen, damit eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten anerkannt werden kann.
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1868-789X.2006.01.04 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1868-789X |
Ausgabe / Jahr: | 1 / 2006 |
Veröffentlicht: | 2006-01-01 |
Seiten 23 - 27
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